KINO_20 Years eQuinoxe Europe
LERNEN VON EXPERTEN
Seit Gründung wurden 1.400 Projekte eingereicht; 235 Autoren nahmen mit ihren Produzenten teil; ca. 80 Filme,
darunter zahlreiche Preisträgerfilme, wurden produziert.
2 0 J A H R E E Q U I N O X E E U R O P E
Talent-Filter für engagierte Projekte
Ein besonderes Förderprogramm für Autoren und Produzenten feiert Jubiläum: eQuinoxe-Gründerin Ellen Winn Wendl über das Programm-Profil,
Profis, Preise und potenzielle Profiteure.
Vor 20 Jahren wurde eQuinoxe gegründet. Welche Idee stand dahinter?
Es gab eQuinoxe bereits in Frankreich. Wir waren damals sieben Film Professionals, die Projekte aus fünf Ländern –
Deutschland, Schweiz, Österreich, Tschechien und Polen – ausgewählt und dort eingereicht haben. Die Grundidee
war, die Autoren bei der Entwicklung ihrer Kinostoffe zu unterstützen. 2001 haben wir eQuinoxe Germany, heute eQuinoxe Europe, gegründet.
Es gibt zahlreiche Drehbuchwerkstätten:
Was sind die Säulen, die USPs von eQuinoxe Europe?
Wir unterstützen die Entwicklungsarbeit eines Projekts. Unser Auswahlprozess ist anspruchsvoll, da investieren wir viel
Energie und Expertise – was anderen wiederum Zeit und Geld spart. Gute Autoren und gute Geschichten müssen es
durch den Auswahlprozess schaffen. Es gibt vieles, was gut ist, aber noch nicht gut genug, um es bereits zu produzieren.
Auch hervorragende Autoren sind manchmal mit einem Projekt nicht so gut, wie sie sein könnten – das Buch hat
seine Stimme verloren. Wir konzentrieren uns auf Autoren und Geschichten, die etwas zu sagen haben, die Substanz
haben. Man hat uns einmal als »European Talent Filter« bezeichnet – ein Filter, auf den sich Produzenten verlassen
können – ein schönes Kompliment!
Wie werden Sie diesem Anspruch gerecht?
Im Zentrum stehen unsere internationalen Experten, die script advisors. Während der Workshops vertiefen sie sich
zusammen mit den Autoren in die Projekte und geben wertvolle Hinweise. Die Autoren reflektieren und diskutieren
ihre Arbeit. Der Input ermöglicht es ihnen, den kreativen Prozess auf einem anderen Niveau weiterzuführen, denn oft
gibt es einfach Blockaden, die sich dann in den Workshops auflösen lassen. Die Autoren gehen mit neuen Ideen nach
Hause und schreiben ihr Buch noch einmal um. Bei uns gibt es die Verpflichtung zu einem Rewrite, das ist einer unserer
zentralen Punkte. Diese neue Fassung wird wiederum von uns gelesen und besprochen, und oft geht diese überarbeitete
Drehbuchfassung dann in die Finanzierung oder Produktion.
Wen sprechen Sie an mit Ihrem Programm?
Wir sind kein Programm für den Nachwuchs, sondern für die, die schon Steuern zahlen! Anfänger können diese umfangreichen
Informationen oft gar nicht verarbeiten. Für die Teilnahme muss man schon mindestens einen Spielfilm oder Dokumentarfilm in Spielfilmlänge
vorweisen können und über Erfahrung verfügen im Austausch mit Produzenten, Redakteuren, Regisseuren. Wenn Autoren
zu uns kommen, sind zentrale Entscheidungen im Drehbuch ja bereits gefallen. Die gilt es im Austausch mit den eQuinoxe-Experten zu überprüfen.
Quo Vadis, Aida? ist ein wichtiges Projekt und gutes Beispiel. Jasmila Zbanic nahm 2017 am Workshop teil und hat intensiv am Drehbuch gearbeitet. Daraus wurde dann
ihre erfolgreiche Neun-Länder-Koproduktion. Man kann immer ein zweites Mal mit dem gleichen Projekt einreichen. Die Besten haben das gemacht.
Profis wissen, wie sie Chancen nutzen können.
Eine weitere Besonderheit ist die frühe Einbeziehung der Produzenten ...
Ja, eine Produzent*in muss am Workshop teilnehmen. Unser Ziel ist es, dass wir am Ende beide, Autor und Produzent* in, mit der gleichen Vision nach
Hause schicken. Seitdem wir die Produzenten einbeziehen, haben wir eine viel höhere Produktionsrate.
Die Produktionsrate von Stoffen, die das eQuinoxe-Programm durchlaufen haben, ist hoch. Viele schaffen es auf Festivals und holen Preise. Was sind Ihre größten Erfolge?
Quo vadis, Aida? war für den Oscar 2021 nominiert und hat einige Preise gewonnen, Schwesterlein, die beide aus dem gleichen Workshop 2017 in Norwegen
hervorgingen, wurde von der Schweiz ins Oscar-Rennen geschickt. Zwei Projekte aus einem Workshop, beide von Frauen, das ist ein schönes Signal zum
20-jährigen Jubiläum. Und die aktuellen Projekte von früheren Alumni, wie John Quester und Julia von Heinz, haben auch ihren Weg gemacht.
Worauf sind Sie persönlich besonders stolz?
Ich erinnere mich besonders gern an die Premiere von Die Wand bei der Berlinale. Das Projekt hat mich sehr beeindruckt.
Julian Pölsler hat mit dem Buch gekämpft und eine enorme Umsetzung geschafft. Auch 2018 erlebten wir eine schöne Bestätigung, als zwei unserer
Projekte für 14 Deutsche Filmpreise nominiert waren, darunter beide für Bester Film (3 Tage in Quiberon und Das schweigende Klassenzimmer). Sehr glücklich bin
ich auch, dass es letztes Jahr in vier verschiedenen EU-Ländern 25 Nominierungen für sechs von uns geförderte Filme gab. Elf Preise haben unsere Alumni gewonnen!
Unser Programm hat mehr Erfolg innerhalb der letzten Jahre als je zuvor. Für ihre Unterstützung möchte ich mich ausdrücklich bei unseren zahlreichen Förderern aus Deutschland und Europa bedanken.
Es gab Masterclasses in neun verschiedenen Ländern, dennoch ist das Programm nicht sonderlich bekannt. Woran liegt das?
Das eQuinoxe Europe Programm hat Werkstattcharakter. Wir sind die, die im Hintergrund arbeiten und alle Energie in die Qualität stecken. Auch bekannte Autoren
erleben, dass sie ihr Potenzial nicht voll ausschöpfen. Wir greifen ein, wenn es irgendwo klemmt und bringen den kreativen Prozess wieder zum Laufen und auf ein neues Niveau. In diesem Prozess sind wir nicht unbedingt für Medien und Öffentlichkeit interessant, aber wir verstärken seit einiger Zeit aktiv unsere Präsenz im Netz.
»Wir haben bislang Projekte aus 28 Ländern betreut.«
ELLEN WINN WENDL - Sie kommt aus der Praxis: Die Produzentin Ellen Winn Wendl (»Before Sunrise«) weiß, wie zentral die Drehbuchentwicklung ist – und gründete das Script Development Programm eQuinoxe Europe. Es unterstützt nationale und internationale Filmemacher mit Schwerpunkt Europa und fördert die Konkurrenzfähigkeit europäischer Drehbücher sowie die kulturelle Identität von Stoffen fördern. Lernen von Experten steht bei den Workshops für Autoren und Produzenten auf dem Stundenplan. Seit der Gründung 2001 wurden mehr als 1400 Projekte eingereicht. 235 Autoren nahmen mit ihren Produzenten an den Workshops teil, ca. 80 Filme wurden produziert, darunter zahlreiche Preisträger-Filme. Die Produktionsrate von eQuinoxe-Europe-Projekten liegt bei 44 Prozent (ermittelt zwischen 2001 und 2018).
»Mehr Erfolg innerhalb der letzten Jahre als je zuvor.«
NETZWERK - Ellen Winn Wendl verfügt mit eQuinoxe Europe über ein breites Netzwerk von Autoren und Produzenten.
Inwiefern hat sich Corona auf Ihre Arbeit ausgewirkt?
Wir wollten 2020 unseren International Screenwriters Workshop in Murnau am Staffelsee abhalten, das Programm stand schon. Ich hatte vier Hybrid-Versionen
ausgearbeitet, für alle Fälle ... Dann war im November wieder kompletter Lockdown, es blieb uns nur die Online-Option. Wir haben die Zeit verlängert und statt normalerweise sieben Tagen 14 Tage angesetzt. Die Advisors-Meetings waren eine logistische Herausforderung, wir hatten Teilnehmer aus vier Kontinenten mit unterschiedlichen Zeitzonen.
Im Endeffekt hat das Ergebnis meine Erwartungen übertroffen, kann aber ein echtes Zusammentreffen nicht ersetzen. Ich hoffe, es bleibt eine Ausnahme. Online
könnte bei anderen Formaten funktionieren, aber für die Workshops ist das echte Zusammensein essenziell.
Was haben Sie sich vorgenommen,
gibt es konkrete neue Projekte? Das wichtigste bleibt die künftige Finanzierung und Durchführung der eQuinoxe Workshops. Neu bieten wir als Service jetzt auch ein Skript-Development für Alumni an. Außerdem haben wir hervorragende Autoren und Storys in einer fortgeschrittenen Entwicklungsphase, unsere Black List kann sich sehen lassen.
Wir arbeiten daran, Alumni-Projekte mit Produzenten/Koproduzenten gezielt zusammenzubringen. Zwei sind aktuell mit den bayerischen Produzenten Fritjof Hohagen,
Enigma Film, und Miriam Düssel, Akzente Film, platziert. Es ist wahnsinnig schwer, einen kreativen und finanziellen Abschluss für Projekte zu finden. Aber genau das ist mir wichtig, dass die Autoren, die jahrelang investieren, mindestens ein Projekt zum Abschluss bringen. Das bringt sie weiter. Und uns als eQuinoxe Europe dann auch. Wir haben bislang Projekte aus 28 Ländern betreut. Wir verfügen über ein breites Netzwerk von Autoren und Produzenten. Unsere Skills und unsere geballte Erfahrung könnten auch Streaming- Anbieter nutzen, alle, die Content brauchen und suchen. Wir sind so etwas wie ein »One-stop-shop« für Produzenten und freuen uns darauf, kontaktiert zu werden. Außerdem werden wir Webinare weiterführen. Unsere letzte Masterclass im November mit Lord David Puttnam über die Musik von Ennio Morricone und Alan Parker war sehr erfolgreich. Mit ihm haben wir weitere Projekte vor. Ein paar andere Ideen sind in der Entwicklung. Alles in allem gehen wir engagiert in die Zukunft.
MARGA BOEHLE
Kontakte
eQuinoxe Europe e.V.
Feilitzschstraße 1, 80802 München
Vorstandsvorsitzende von eQuinoxe Europe e. V.
Ellen Winn Wendl
mobil: +49 (0) 170 280 4415
info@equinoxe-europe.org
Pressekontakt Deutschland
Anke Zindler
mobil + 49 (0)172 8215945.
az@anke-zindler.de
Pressekontakt international
Charles McDonald,
Tel. +44 (207) 736 3445
charles@charlesmcdonald.co.uk